Champions auf dem Campingplatz

Bonn, 22.09.2021. Ehre, wem Ehre gebührt: Bei der Preisverleihung für die Bundessiegerinnen und Bundessieger des Bundeswettbewerbs Mathematik wurden die größten mathematischen Nachwuchstalente Deutschlands ausgezeichnet. Unter den Gratulantinnen und Gratulanten: Ein waschechter Quizmeister, ein singender Fuchs sowie Mitglieder der deutschsprachigen Mathematik-Community. 

Professor Dr. Jürg Kramer war sichtlich erfreut: Er sei froh darüber, dass die Veranstaltung nicht virtuell, sondern „endlich wieder als Präsenzveranstaltung“ stattfinden könne, so der Vorsitzende des Beirats für die Bundesweiten Mathematik-Wettbewerbe in seiner Begrüßung. Zwar war die Zahl der Teilnehmenden mit Rücksicht auf die geltenden Hygienevorschriften noch überschaubar, dafür waren unter den Gästen viele prominente Gesichter: Neben Kramer selbst, der an der Humboldt-Universität Mathematik lehrt, zum Beispiel auch der niederländische Mathematiker Pieter Moree als Vertreter des Bonner Max-Planck-Instituts für Mathematik. Dazu Freunde, Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer der Geehrten. Moderiert wurde die Preisverleihung von Sebastian Klussmann, bekannt unter anderem durch die Quizsendung „Gefragt – Gejagt“. An diesem Abend hielt der selbsternannte „Besserwisser“ im knallbunten Hemd sich jedoch vornehm zurück. Die große Bühne sollte schließlich den 20 Bundessiegerinnen und Bundessiegern gehören, die sich in einem der traditionsreichsten mathematischen Nachwuchswettbewerbe Deutschlands so bravourös bewährt hatten.

In einer Videogrußbotschaft gratulierte Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, zu dieser außergewöhnlichen Leistung und warb für mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit: „Die Gesellschaft als Ganzes braucht Mathematikkompetenz, um Herausforderungen wie den Klimawandel oder in der Medizin zu meistern.“ Meister erinnerte außerdem an die geplante Jubiläumsveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des Bundeswettbewerbs, die im vergangenen Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen war. 

Preisverleihung vor ungewöhnlicher Kulisse

Kein großer Festakt also, dafür mit dem Bonner BaseCamp, einem „Indoor-Campingplatz“, eine mehr als originelle Veranstaltungsstätte für die diesjährige Preisverleihung – übrigens die erste in Präsenzform seit über anderthalb Jahren für das Talentförderzentrum Bildung & Begabung, den Träger des Bundeswettbewerbs. Inmitten von ausrangierten Bahnwagons, einem gut erhaltenen Trabi und liebevoll dekorierten Wohnwagen diskutierten die Preisträgerinnen und Preisträger des Wettbewerbsjahres 2020 über die Bedeutung von Nachwuchsförderung in der Mathematik. Mit Tyrone Winbush, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der LEPPER Stiftung, nahm auch ein Vertreter des aktuellen Wettbewerb-Partners an der Debatte teil. Einhelliger Tenor: Wo der Schulunterricht meist nur repetitive Aufgaben kenne, fördere der Bundeswettbewerb eigenständiges Denken und „die Lust, selbst neue Dinge zu entdecken.“ (Bundessieger Richard Ueltzen)

Spannend waren auch die Erkenntnisse, die die zweite Diskussionsrunde mit den erstmaligen Bundessiegern 2019 zu Tage förderte. Dabei ging es um das Thema: „Was bringt die Teilnahme an einem Schülerleistungswettbewerb für das spätere Berufsleben?“ Eine ganze Menge, wenn man Thomas Schmidt Glauben schenken darf. „Man muss sich durchbeißen – im Wettbewerb, aber auch in der Berufswelt“, so Schmidt, der Leiter Risikomanagement beim Versicherungskonzern HDI Global ist und vor über 30 Jahren selbst am Bundeswettbewerb teilgenommen hat. Aber das Durchhalten lohnt sich, wie es Preisträger Marvin Randig treffend auf den Punkt brachte: „Mathematik ist einfach zu schön, um es nicht zu machen.“ 

Ist Mathe cool?

Die dritte Gesprächsrunde widmete sich der Frage „Ist Mathe cool?“. Ein leicht gequältes Lächeln bei den Diskutanten, alle mehrmalige Bundessieger. Sicher, Mathe sei schön, könne aber auch anstrengend sein, so Josua Kugler, der von der Jury für sein „außergewöhnliches Visualisierungsvermögen“ gelobt wurde. Viele Freunde in seinem Studentenwohnheim würden abschalten, wenn er über mathematische Fragestellungen rede, so Kugler. Aber: „Manche lassen sich auch anstecken.“ Und auch wer mit Mathematik so gar nichts anfangen kann, durfte nach der Diskussion beruhigt sein. Schließlich haben viele Mathematikerinnen und Mathematiker noch andere Hobbies, begeistern sich für Gesellschaftsspiele wie Preisträger Melvin Weiß oder musizieren auf hohem Niveau, so wie der viermalige Bundessieger Jonas Walter. 

In einer weiteren Podiumsdiskussion ging es um die Vernetzung zwischen Matheunterricht in der Schule und außerschulischer Nachwuchsförderung. Hier gelte es, Anreizstrukturen für Lehrkräfte zu schaffen, so Staatssekretär Mathias Richter aus dem Ministerium für Schule und Bildung NRW. Diese müssten an anderer Stelle entlastet werden, um Zeit zu haben, ihre Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an Jugendwettbewerben vorzubereiten – etwa durch die Einrichtung jahrgangsübergreifender Arbeitsgruppen. Dass derartige Formate Sinn machen, zeigt das Beispiel von Preisträgerin Maria Matthis, die bereits als junge Schülerin am Mathe-Club der Universität zu Lübeck erste Erfahrungen mit Aufgaben außerhalb der Schulmathematik sammeln konnte.

"Mathematikerinnen und Mathematikern steht die ganze Welt offen"

Abschließend ging es noch einmal um das Thema berufliche Perspektiven – in oder außerhalb der Mathematik. „Mathematikerinnen und Mathematikern steht die ganze Welt offen“, so der Beiratsvorsitzende Professor Dr. Kramer.  Ob Physik, Finanzwirtschaft oder Künstliche Intelligenz – überall spiele die Mathematik prominent mit. Kramer empfahl den Jugendlichen, auch einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Er habe beispielsweise neben seinem Mathematik-Studium auch noch Ägyptologie studiert. Da war selbst Moderator und „Besserwisser“ Klussmann bass erstaunt: „Diese Information habe ich im Internet nirgendwo gefunden.“

Neben der Ehrung der Bundessiegerinnen und Bundessieger gab es außerdem einen Sonderpreis des Max-Planck-Instituts für Maria Matthis und Melvin Weiß für eine wissenschaftliche Veröffentlichung, die sie im Rahmen ihres Forschungsaufenthalts für Bundessiegerinnen und Bundessieger geschrieben hatten. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung von Johann Beurich, der als „DorFuchs“ mit seinen witzigen und originellen YouTube-Videos zehntausende Mathe-Fans im Netz begeistert. In seiner Live-Perfomance bewies Beurich nicht nur die Irrationalität der Kreiszahl Pi, sondern gab zur Begeisterung der Anwesenden auch ein eigens für das 50-jährige Jubiläum des Bundeswettbewerbs geschriebenes Geburtstagslied zum Besten: „Und es geht weiter und was mich interessiert / ist, was in den nächsten 50 Jahren alles noch so passiert.“ Eines steht schonmal fest: Die Messlatte liegt hoch. 

Insgesamt beteiligten sich 2019 rund 1.500 Jugendliche aus ganz Deutschland am Bundeswettbewerb Mathematik; im Corona-Jahr 2020 waren es immerhin fast 1.200. Die erstmaligen Bundessiegerinnen und Bundessieger werden in die Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen. Auf sie warten außerdem nationale und internationale Spitzenmathematiker, mit denen sie am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn forschen werden.

Gruppenfoto der Bundessiegerinnen und Bundessieger

Sie sind Deutschlands Mathe-Champions: Die Bundessiegerinnen und -sieger 2019 und 2020.

Moderator Sebastian Klussmann

„Besserwisser“ Sebastian Klussmann führte gutgelaunt durch die Preisverleihung im Bonner BaseCamp.

Gesprächrunde zu Wettbewerbserfahrungen

In mehreren Gesprächsrunden diskutierten die Bundessiegerinnen und Bundessieger über ihre Wettbewerbserfahrungen. 

Verkündung der Preisträgerinnen und Preisträger

Patrick Bauermann (l.), Leiter der Bundesweiten Mathematik-Wettbewerbe, und Karl Fegert (r.), Vorsitzender der Korrekturkommission, bei der Verkündung der Preisträgerinnen und Preisträger.

 YouTuber Johann Beurich alias DorFuchs

Auftritt des YouTubers Johann Beurich alias DorFuchs: Geburtstagsständchen zum 50-jährigen Bestehen des BWM.